Es liegt etwas Heilsames im biografischen Schreiben. Es geht aber nicht um die Protokollierung von Ereignissen, es geht nicht um Erinnerung. Es geht um das Transparentwerden der eigenen Biografie, indem sie sichtbar wird. Eigentümlich. Wie soll etwas transparent werden, indem es sichtbar wird? Das klingt ja geradewegs so, daß etwas unsichtbar wird, wenn es sichtbar wird. Wie soll das gehen?
Die Antwort gibt die Erfahrung, die jeder hat.
Es gibt Augenblicke im Leben, wo das Leben in seiner Ganzheit spürbar wird, wo wir uns plötzlich mit allem, was wir sind, hineingehalten fühlen in etwas Unsagbares, Geistiges.
Die Erfahrung des Lebens in seiner Ganzheit entzündet sich in den magischen Augenblicken des Alltags.
Und genau diese magischen Augenblicke spüren und schreiben wir im biografischen Schreiben auf.
Sie enthüllen, selbst wenn sie in der Vergangenheit liegen, ewige Geistes-Gegenwart, die uns miteinander verbindet und einander verstehen läßt.
Darin liegt das Heilsame: daß wir uns plötzlich mit all unserer Sichtbarkeit, mit unseren Leiden und Freuden, im Unsichtbaren aufgehoben fühlen, mit unseren Worten im Unsagbaren, in Jenem also, das sich durch unser aller Leben zieht, unser aller Leben webt: ein goldener Strom, ein Atem, eine leise Stimme.