Vom Himmel auf die Erde in die Welt
Im Yoga begreifen wir uns als physisch-seelisch-geistiges Wesen. Wir haben Körper, Seele und Geist. Diese drei Reiche gehören zusammen und stehen in einer Ordnung zueinander. Dergestalt sind wir vertikale und horizontale Wesen. Himmel, Erde, Welt. Wenn wir das Geistige ausschließen, wenn wir uns nur als physisch-materielle Wesen begreifen, dann schließen wir alles aus, was schicksalhaft durch unser Leben wirkt. Dann haben wir einen nur sehr eingeschränkten Zugang zu unseren Aufgaben in dieser Welt.
Yoga heißt, sich einen unverstellten Blick auf die Wirklichkeit zu bewahren bzw. diesen allererst zu erringen. Dafür brauchen wir die Kraft der Unterscheidung (Vivekakhyati). Was ist wesentlich im Leben? Was ist Trug und Schein? Was ist heilsame Essenz, was ein Gift?
Wer ernsthaft Yoga praktiziert, der wird den Prinzipien des Lebens näher kommen und in ihnen seine Furchtlosigkeit und Unerschütterlichkeit finden. Heilsversprechungen der Politik, der Wirtschaft oder wie auch immer gearteter Institutionen und Gemeinschaften wird er gleichmütig an sich vorüberziehen lassen. In dieser Standhaftigkeit im Wesen wird er sich umso tiefer mit der Menschengemeinschaft verbunden wissen. Denn letztlich geht es ums große Ganze. Oder wie Periandros, einer der Sieben Weisen von Griechenland gesagt hat: Meléte to pan. Trage Sorge für das Ganze.
Die Sprachküche versteht sich als ein Ort, wo das Wort wie ein Feuer gehütet wird. Das Feuer ist ein Bild der Transformation und der Reinigung. Im eigenen Wort zu stehen, sich aus diesem nicht vertreiben zu lassen und aus diesem seine Aufgaben in dieser Welt wahrzunehmen, ist wiederum Aufgabe der Sprachküche. Das bedeutet auch, sich immer wieder neu und jeden Tag zu bereiten. Sein inneres Lämpchen zu putzen und mit Öl zu versorgen, damit es immer brennt.
Diese Bereitung bedarf der täglichen Übung. Eine dem westlichen Körper angepaßte Hatha-Yoga-Praxis mit Asanas, Pranayama, Meditation und gedanklicher Durchdringung des eigenen Tuns kann uns dabei sehr unterstützen. Die Erfahrung lehrt: Ich werde durchlässiger für ein geistgeführtes, lebendiges, seelenwaches und intuitives Leben.
Ich weiß eher, was ich zu tun habe, wenn ich mich täglicher Übung hingebe, als wenn ich es nicht tue. Dabei versteht sich von selbst: Jeder Augenblick ist auch Übung.
Diese Bereitung für den Tag, der immer neu ist, bedeutet auch eine Entgiftung. Das ist ein sehr wesentlicher Aspekt. Denn Gifte gibt es überall. Damit meine ich nicht nur die physischen Gifte, derer wir in einer industrialisierten Welt besonders viele haben, sondern auch die seelischen, die benennen zu können bereits Teil eines Entgiftungsprozesses ist. Gifte sind aber auch Möglichkeiten der Verwandlung. Yoga als Entgiftung ist ein Yoga der Verwandlung.
Yoga findet nicht auf der Matte oder auf einem Polster statt, sondern im täglichen Leben. Sind wir bereit, als freie und selbstbestimmte Wesen zu handeln? Oder verlieren wir uns in Äußerlichkeiten, verschleiert vom Nebel unserer Wünsche und Vorstellungen. Achten wir der eigenen Entwicklung, der wir nicht vorauseilen können, und dem eigenen Lebensrhythmus, der uns gegeben ist?
Diese Fragen sind wohl immer wieder zu stellen, und jeder Tag ist eine neue Antwort. Ich versuche in meinen Yogastunden immer wieder auf diese Fragen einzugehen, sie sanft einzubetten in eine behutsame Praxis, die jeder einzelne für sich selbst weitertragen kann. Aus dem Yoga nähren wir Seelenräume, in denen jeder einzelne die Möglichkeit bekommt, die intimen Fragen seines Lebens zu stellen – und sich ihnen zu stellen.
Langsam sich entwickelnde Seelen-Räume zu ermöglichen – in einer Zeit der Übereilung und der Vereinnahmungsversuche durch Wirtschaft, Medien und Politik – ist Aufgabe der Sprachküche. Yoga als Hatha-Yoga ist ein sanfter Weg der Unterstützung, der insbesondere unseren Körper anspricht, der als geduldiges Instrument unseres In-der-Welt-Seins unserer dankbaren Wertschätzung bedarf. Wir alle wollen ja auch physisch kraftvoll und ausgeglichen sein.
Die Achtsamkeit auf das Wort ist wesentlich für meine Yogastunden. Als interessante Herausforderung sehe ich das Zusammenbringen einer Hatha-Yoga-Praxis mit einer Schreibpraxis (Yoga und Schreiben). Auch diesbezügliche Workshops kündige ich unter dem Punkt Termine an.